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Der Hase und der Tiger

 

Vietnamesische Märchen/Mythen

Einst lebten in einem Wald ein Hase und ein Tiger. Sie waren keine besonders guten Nachbarn. Eines Tages schlug der Hase dem Tiger vor, mit ihm ins Menschendorf zu kommen, um ein Schwein zu stehlen. Um das Schwein tragen zu können, sagte der Hase zu dem Tiger, er solle einen Ast von einem Baum sägen und ihn als Tragestock benutzen. Der Tiger tat, wie der Hase ihm geheißen hatte. Der Ast war aber sehr dornig. Der Hase sägte daraufhin das eine Ende ganz glatt ab und beließ das andere Ende so dornig, wie es gewesen war.


Als sie das Bauernhaus erreichten, stand der Hase draußen, während der Tiger ins Haus schlich, um dort ein Schwein zu reißen. Danach trugen beide das tote Schwein zurück in den Wald. Beim Tragen teilte der Hase dem Tiger das dornige Ende des Tragestockes zu, während er selber das glatt gesägte Ende aufnahm. Da das Schwein sehr groß und schwer war, drückten die Dornen in das Schulterfleisch des Tigers ein. Dem Tiger tat dies so weh, dass ihm die Tränen über die Wangen liefen. Daraufhin sprach der Hase zu dem Tiger: "Weine nicht so, denn deine Tränen machen das Fleisch bitter." Der Tiger hörte also auf den Hasen und biss seine Zähne fest zusammen und ertrug standhaft alle Schmerzen. Als sie ihren Wald erreichten, waren sie beide sehr hungrig. Daher fragte der Tiger den Hasen, wo sie denn das Feuer herbekommen würden, um damit das Schwein zu rösten. Da zeigte der Hase auf die Sonne und sagte zu dem Tiger, er solle doch dorthin gehen, um nach etwas Feuer zu fragen. Sofort machte sich der Tiger auf den Weg, überquerte sieben Berge und sieben Flüsse. Bald schon taten ihm seine Füße weh, doch die Sonne hatte er noch längst nicht erreicht.

Währenddessen war der Hase zurück geblieben und bereitete das Schwein vor. Danach teilte er das Essen auf zwei Tabletten auf. Auf dem ersten Tablett befanden sich sorgsam aufeinander gestapelten Bananenknollen. Dieses stellte der Hase auf einen höhergelegenen Ort. Das zweite Tablett war so unordentlich mit Schweinefleisch gefüllt, dass niemand davon hätte essen wollen. Als dann der Tiger müde heimkehrte, sprach der Hase zu ihm: "Du hast starke Füße und kannst nach oben springen und dort das schöne, leckere Fleisch essen. Ich dagegen bin nicht dazu in der Lage und werde deshalb hier unten bleiben und das schlechte Fleisch essen". Der Tiger glaubte dem Hasen und sprang nach oben, wo das Tablett mit den Bananenknollen serviert war. Diese aß er, doch fand er das Essen sehr bitter. Daraufhin fragte er dem Hasen, warum das Fleisch so bitter schmecke. Da entgegnete der Hase: "Es kommt daher, weil du vorhin beim Tragen geweint hast!" Auch diesmal schenkte der Tiger dem Hasen Glauben und verlor kein weiteres Wort in dieser Sache.

Am nächsten Tag schlug der Hase dem Tiger vor, Bienenhonig zu holen. Der Tiger fand einen kleinen, leeren Behälter während der Hase trotz langen Suchens nur einen großen, durchlöcherten Korb auftun konnte. Daraufhin sprach der Hase zu dem Tiger: "Wie willst du denn davon satt werden, wenn Dein Behälter so klein ist? Lass uns die Behälter tauschen!" Als sie schließlich den Ort erreichten, wo sie den Honig ernten wollten, benutzte jeder seinen Behälter, um die süße Speise zu schöpfen. Der Tiger versuchte eifrig den Honig zu schöpfen, doch wollte ihm dies nicht gelingen. Als sie mit ihrer Arbeit fertig waren, schlug der Hase dem Tiger vor, ein Bienennest aufzusuchen. Als sie dann ein solches entdeckten, fragte der unwissende Tiger, was dies denn sei. Daraufhin erklärte ihm der Hase, dass es sich hierbei um eine wertvolle Trommel handele, die ihm sein Großvater hinterlassen habe. "Wenn du auf sie einschlägst, wird es einen wunderbaren Klang geben." Der Tiger tat, wie ihm der Hase geheißen hatte und schlug mit all seiner Kraft auf das Bienennest ein. Dieses zerbrach, und die Bienen schwärmten aus, um den Tiger am ganzen Leib zu stechen. Dieser versuchte, sich zu wehren und fiel dabei unglücklich in eine tiefe Grube. Sofort eilte der Hase zum Rand der Grube, wo er laut und vernehmlich rief: "Leute hört, der Tiger ist in die Falle getappt!" Als die Dorfbewohner das laute Geschrei hörten, eilten sie in Scharen zu der Grube und töteten den Tiger. Der gewitzte Hase aber zog fröhlich von dannen.

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