Die Geschichte von Kinderstreichen


Vietnamesische Märchen/Mythen



Dem Himmlischen Kaiser, Ngoc Hoang, wurde von vielen Gottheiten assistiert. Ein Gott, der ihm öfters Ärger brachte, war der Gott des Regens, Than Mua, und dessen Familienangehörige.

Wie wir wissen, war der Gott des Regens launisch und faul. Aber er konnte ganz zärtlich und romantisch sein. So hat er die Göttin des Feuers verführt und mit ihr seinen jüngsten Sohn VOI gezeugt.

Die Beziehung der beiden Gottheiten war mehr als turbulent. Ständig gab es Streit. Wenn sie sich stritten, wurde am Ende Wasser zu Dampf, Feuer zu Funken. Beide Gottheiten kamen erschöpft aus diesen Auseinandersetzungen hervor, denn es gab keinen Sieger. Der Verlierer war immer ihr Sohn: VOI war sehr unglücklich, wenn er Zeuge solcher Machtkämpfe wurde.


VOI hat von seiner Mutter, der Göttin des Feuers, die Aufgewecktheit, die Leidenschaft und die Selbstsicherheit nicht geerbt.
 VOI, ein hübsches Gott-Kind mit lockigem Haar, war gutmütig, bequem und etwas langsam im Denken. Aber er war lieb zu allen. Seine Gestalt war eines Gottes würdig, wenn auch seine Nase etwas zu lang war. Deswegen wurde er oft von anderen Gott-Kindern gehänselt. Ein einziges Gott-Kind machte sich nicht lustig über ihn, das war CHUOT. CHUOT verteidigte VOI immer, wenn die anderen Kinder über ihn herfielen.

So wurden sie Freunde und waren bald unzertrennlich. CHUOT war schnell im Denken und VOI bewunderte ihn sehr. CHUOT machte oft Streiche und wenn er erwischt wurde und getadelt werden sollte, schob er seinem Freund VOI als Täter vor. Im Handumdrehen, bevor VOI wusste, was mit ihm geschah, wurde er von den Erwachsenen bestraft. Er brauchte lange um zu verstehen, dass er wieder und wieder für die Taten von CHUOT bestraft wurde und dass dieser immer heil davon kam. Aber VOI ertrug alles, um die Freundschaft mit CHUOT nicht zu gefährden. Er war so einsam.

Eines Tages kam CHUOT auf die Idee, einige gute Streiche mit den Erdbewohnern zu machen, weil der Regengott wieder in einer Beziehungskrise steckte und keine Zeit mehr hatte, seine Arbeit zu tun. Die Erde trocknete aus und die Erdbewohner beteten vergeblich um Regen. Also überredete CHUOT seinen Freund VOI, den Flaschenkürbis, in dem der Regengott das aus dem Meer gesaugte Wasser gelagert hatte, mitzunehmen. "Lass uns den Erdbewohnern helfen und dabei unseren Spaß haben. Dein Vater schläft und wird nichts merken." VOI hatte noch die Worte seines Vaters im Ohr: "Kind, spiele nie mit dieser Kalebasse. Sie muss richtig eingesetzt werden, sonst wird die Erde durch eine große Sintflut zerstört."

VOI war schwach und mochte seinen Freund trotz der Warnung seines Vaters nicht enttäuschen. Er schlich sich ins Zimmer seines Vaters, der wieder nach einem Streit mit der Göttin des Feuers völlig erschöpft seinen Rausch-Dampf ausschlief, und nahm die Kalebasse mit. Die beiden Gott-Kinder überflogen die Erde mit der Kalebasse: VOI hielt den Hals und CHUOT das hintere Teil des Flaschenkürbisses fest. Sie flogen übers Meer und trockene Landschaften: Überall war es still. Kein Lebenszeichen mehr auf der Erde. Auf einem Fleck der Erde sahen sie plötzlich reges Hin und Her. Sie kamen näher und sahen ein großes Schiff, eine Arche, und Lebewesen, die beim Einschiffen waren. Neugierig wie sie waren, wollten sie sich dies alles genauer ansehen. Sie kamen wie ein Pfeil vom Himmel geschossen. Das Gewicht der vollen Kalebasse drückte so sehr auf VOI, dass dieser sie nicht mehr festhalten konnte. So glitt sie ihm aus seinen Händen; nun versuchte CHUOT vergeblich, sie allein festzuhalten. Seine Kraft ließ nach und so ließ CHUOT die Kalebasse auf die Erde fallen. Sie platzte beim Aufprall auf die Erde auseinander.


40 Tage und 40 Nächte lang regnete es. Eine Sintflut überflutet die Erde. Überleben konnten nur diejenigen, die auf der Arche Zuflucht gefunden hatten.
Vom Himmel aus sahen die beiden Gott-Kinder hilflos zu, wie die Erde durch ihre Tat zerstört wurde. Die 40 Erdtage entsprachen nur einem Augenblick in der göttlichen Zeit. Sie kehrten schnell zurück in ihre Paläste. Dort wartete bereits der Himmlische Kaiser. "VOI, du wirst zur Erde gehen und den Erdbewohnern dienen, solange, bis es ihnen gut geht, und du wirst CHUOT immer meiden müssen."

Seitdem gibt es auf der Erde Elefanten (VOI) und Mäuse (CHUOT)

Der Elefant arbeitet hart für die Erdbewohner. Er trägt schwere Lasten, um seine Schuld abzuzahlen, und er hat panische Angst vor der Maus.

Wenn er sie trifft, erinnert er sich genau daran, dass er durch sie auf die Erde verbannt wurde. Er läuft weg, um nicht wieder von ihr in dumme Streiche mit tragischem Ausgang verwickelt zu werden. Und die Maus? Immer sehr flink und klug wie im Himmel lebt sie auf der Erde und bedient sich ohne Reue der Lebensmittel der Erdbewohner !



Bilder von Juliane K.