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Vietnamesische Regierung ist nervös wegen hoher Inflation

Das heißeste Thema seit vielen Wochen ist die Inflation, welche der vietnamesischen Regierung nicht gelingt, unter Kontrolle zu halten. Der Verbrauchindex von den ersten zwei Monaten des Jahres betrug 6%, während der Staat die Verteuerungsrate für 2008 weniger als 8,5% gesetzt hatte. Nach offiziellen Angaben haben vietnamesische Bürger heute schon fast 16% mehr für manche Warengruppen und Dienstleistungen im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahrs zahlen müssen.
Nam Nguyên, RFA-Reporter

Das heißeste Thema seit vielen Wochen ist die Inflation, welche der vietnamesischen Regierung nicht gelingt, unter Kontrolle zu halten. Der Verbrauchindex von den ersten zwei Monaten des Jahres betrug 6%, während der Staat die Verteuerungsrate für 2008 weniger als 8,5% gesetzt hatte. Nach offiziellen Angaben haben vietnamesische Bürger heute schon fast 16% mehr für manche Warengruppen und Dienstleistungen im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahrs zahlen müssen.

Bemerkenswert ist es auch, dass die Maßnahmen zum Eindämmen der Inflation eine Schockwelle hervorgerufen und fast das komplette Bankensystem lahmgelegt haben, was den Börsenmarkt negativ beeinträchtigt hat. Gerade wo die Inflation noch nicht gestoppt werden kann, verteuert sich der Ölpreis noch um 30% und Benzinpreis um 10%. Zeitungsberichten spiegeln die Nervosität von der Regierung von Nguyễn Tấn Dũng bei der Verwaltung der Wirtschaft des Landes wider.

"Zum Schwitzen"

Viele Tage hintereinander war der Finanzminister Vũ Văn Ninh mit einem Faltengesicht ganz ohne Lächeln in allen Online-Zeitungen zu sehen. Mindestens zwei Online-Zeitungen VNExpress und VietnamNet hatten die Aussage des Finanzministers in dem Interview vom 28. Februar in Hanoi als Titel für ihre Berichte gewählt.

Herr Lâm Minh Hoàng, ein pensionierter Beamte in Ho-Chi-Minh-Stadt kommentiert diese Nachrichten wie folgt:
"Der Finanzminister gibt selbst zu, dass er gerade auf dem Feuer sitzt. Das Steuern einer Wirtschaft, welche man mit sozialistischer Ausrichtung bezeichnet, gilt schon längst als richtige Marktwirtschaft. Deshalb ist die Situation schon in akuter Gefahr und nicht mehr so einfach. Die Verteuerungsrate beträgt 6,2%. Das ist ein Schock".

28-2-2008, ein Angestellter beim Geld Zählen in der Sacombank, Hanoi
Nach Darstellung von VNExpress geriet der Finanzminister Vũ Văn Ninh ins Schwitzen vor Fragen von Journalisten wegen der Preisverteuerung. Herr Finanzminister gab zu, dass es bei den Vorhersagen über die Finanzverwaltungspolitik viele Unstimmigkeiten gibt. Er bekräftigt jedoch, dass kein Fehler in der Makro-Verwaltung gemacht wurde.

Der Verantwortliche für die Nationalfinanzen gesteht dennoch, die Regierung würde sehr schwer haben, die Inflationsrate kleiner als die gesetzte Höhe des Bruttosozialprodukts, welches vom Parlament als Ziel beschlossen wurde.
Nur zwei Tage zuvor hatte der ständige Vize-Ministerpräsident Nguyễn Sinh Hùng in einer Presseerklärung in Hanoi gesagt, es gebe noch gewisse Dinge, welche mit der Verwaltung der Makro-Ökonomie noch nicht übereinstimmen. Herr Hùng bekräftigt, dass die Regierung Immobilienkredite weiterhin aufrechterhalten und die Talfahrt der Aktien stoppen wolle.

VietnamNet veröffentlicht am 28. Januar Meinungen von Experten. Sie alle zweifeln an die Effizienz der Finanzmaßnahmen, die die Zentralbank von Vietnam jetzt ergreifen will.
Herr Cao Sỹ Kiêm, ehemaliger Generaldirektor der Zentralbank Vietnams, heute Mitglied im Beraterstab für die Landesfinanzen und Vorsitzende des Vereins Mittel- und Kleinunternehmen, ist der Ansicht, die momentanen Preise seien wie ein rasender Zug. Wenn man ihn plötzlich bremst, kippt er um. Seiner Meinung nach können radikale Lösung geboten werden, aber es müsse parallel auch Maßnahmen und Ausweg geben. Und alles im Schritttempo durchzuführen, damit kein Schock entsteht.

Der Immobilienmarkt sei wie eine Luftblase, wenn irgendeine Schnelllösung herbeigeführt wird, würde sie platzen und nur noch mehr Probleme verursachen. Der ehemalige Generaldirektor der Zentralbank Vietnams ist der Meinung, dass schockierende Maßnahmen unbedingt vermieden werden. Da diese sehr riskant sind.

VietnamNet berichtet auch die Ansicht von Prof. Dr. Trần Đình Thiên, Leiter des Vietnams Wirtschaftsinstituts. Dem Professor zufolge habe die Zentralbank als Maßnahme eine Kombination zwischen sofortiger und langfristiger Lösung gewählt. Als Verwaltungsmaßnahme habe die Zentralbank Papier im Wert von 20 Billarden đồng herausgebracht, welches sie kommerzielle Banken zum Kaufen zwingt. Dies war der erste Schock für den Markt. Denn dadurch wurde die Geldbewegung unterbrochen.

Anschließend brachte die Zentralbank 39 Billiarden đồng in den Verkehr. Diese plötzliche Geldbewegung hat auch für negative Auswirkung gesorgt. Nach Angaben vom Prof. Dr. Trần Đình Thiên hat die langfristige Maßnahme, d.h. Erhöhung der Kapitalreserve, für Geldknappheit auf dem Markt gesorgt und somit einen Wettrennen um die Erhöhung der Zinsen bei den Banken hervorgerufen.

Im Zusammenhang mit der Erhöhung der Geldanlagezinsen kommentiert ein Kenner in Ho-Chi-Minh Stadt:
"Zur Eindämmung der Inflation hat die vietnamesische Regierung kommerzielle Banken je nach Größen zum Kauf von staatlichem Wertpapier aufgefordert. Um Geld anzulocken, erhöhte die eine Bank nach der anderen ihre Zinsen.
Ich habe z. B. 100 Mio. angelegt. Dafür werde ich monatlich 700.000 oder 725.000 đồng an Zinsen, je nach Investitionszeitpunkt, erhalten. Üblicherweise beträgt die Zinserhöhung nur um 0,1% - 0,2%, aber letztens betrug die Zinserhöhung gleich um 1% im Monat. Sofort haben andere Banken wie Việt Á, Saigon-Hanoi die Zinsenerhöhung um 1,3% Monat nachgezogen, d.h. mehr als 13% Zinsen im Jahr. Größere Banken, die über genügend Geldreserven verfügen, haben die Zinsen nur wenig erhöht. Deshalb hoben normale Bürger wie wir ihr Ersparnis ab und legten es bei Banken mit höheren Renditen wieder an".

Absolute Ruhe bewahren

Prof. Dr. Trần Đình Thiên mahnt die Verantwortlichen, absolute Ruhe zu bewahren, sowohl auf dem Immobilien- als auch auf dem Kapitalmarkt. Das sei eine wichtige Lehre seit dem Jahresbeginn. Um die Inflation zu bekämpfen, müsse die Arbeit harmonisiert und einheitlich über eigene Interessen und Ziele hinweg für die langfristige Entwicklung gemacht werden.

Ein Marktplatz in Hanoi am 6-8-2007
Wirtschaftsexperte Nguyễn Xuân Nghĩa aus Süd-Kalifornien nimmt in diesem Zusammenhang folgende Stellung:
"Ich befürchte, die Gefahr einer Kettenreaktion der Krise lässt sich schwer vermeiden. Das wird von einem Markt auf den nächsten nach dem Prinzip "Fass ohne Boden" überschwappen. Erst der Zusammenbruch der Aktien, dann die Banken und Immobilien. Aber das meist besorgniserregende sind nicht nur die Preisschwankungen oder die Investitionen in Städten, sondern das Leben der Arbeiter und Bauern auf dem Lande. Streiks und soziale Unruhen werden sich deshalb häufen".

Während die Regierung noch nach Lösungen für negative Nebeneffekte sucht, die durch die Geldpolitik der Zentralbank von Vietnam verursacht wurden, kündigen Unternehmen die Erhöhung der Benzinpreise um 10%. Das ist auch die maximale Höhe, die vom Staat erlaubt ist. Fast zur gleichen Zeit teilt das Finanzministerium mit, dass er den Dieselpreis um ca. 30% erhöhen will, weil der Staat diesen nicht mehr subventionieren kann.
Viele Experten sind der Meinung, dass die Kraftstoffpreise nicht zum passenden Zeitpunkt erhöht werden. Dies hat zur Folge, dass eine Kettenreaktion in der Preiserhöhung ausgelöst wurde. Und diese ist jetzt außerhalb der Kontrolle der Regierung geraten.

Ein pensionierter Beamte in Ho Chi Minh Stadt äußerte sich zu der Streichung der Ölpreissubvention wie folgt:
"Die Wirtschaftspolitik in jedem Land ist derselbe. Der Diesel dient hauptsächlich der Produktion und einen Großteil auch dem Transport. Der Dieselpreis ist deshalb überall immer günstig zu bekommen, damit die Produktivität gefördert wird. Als erste Reaktion auf die Preiserhöhung stelle ich fest, dass viele Fischerboote jetzt im Hafen liegen anstatt draußen im Meer".

Angaben vom Finanzminister Vũ Văn Ninh zufolge habe der Staat den Kraftstoffpreis immer noch im Griff, weil in Wirklichkeit Kraftstoffimporteure alle Staatsunternehmen sind. Dennoch könne der Staat keine Subvention in Höhe von mehreren Billiarden mehr übernehmen. Stattdessen werden mit dem Geld arme Menschen, wirtschaftsschwache Regionen und Fischer mit Fangbooten unterstützt.

Angesichts der komplizierten Finanzlage wird die Regierung von Vietnam wahrscheinlich ihren Plan ändern müssen. Die Vorhersagen bei einigen Ministerien weisen jedoch große Defizite aus. Niemand hatte z.B. die Auslandsinvestition für 2007 bis zu 20 Milliarden Dollar prognostizieren können.

In der Pressekonferenz vom 28. Februar teilte Staatsminister Nguyễn Xuân Phúc mit, Ministerpräsident Nguyễn Tấn Dũng habe Regierungsmitglieder aufgefordert, Ruhe zu bewahren, enger zusammenarbeiten, und mit aller Geschlossenheit die Makroverwaltung durchzuführen. Nguyễn Tấn Dũng hat damit zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt erkannt, dass Bekämpfung von Inflation noch wichtiger ist als die Wirtschaftsentwicklung.


Quelle: www.rfa.org